Eheverträge

Teil I.  Eheverträge : Motive und Grenzen

Die Bedeutung von Eheverträgen nimmt zu. Die Tragweite der Reglungen hat häufig enorme wirtschaftliche, teilweise auch existenzielle Auswirkungen.

Der zunehmende Bedarf an speziellen, den persönlichen Vorstellungen und Lebensverhältnissen der Paare angepassten vertraglichen Regelungen ist dem Umstand geschuldet, dass von dem klassischen Rollenmodell der früheren Generationen kaum noch Gebrauch gemacht wird. Heute sind häufig beide Eheleute berufstätig, die Kindererziehung wird geteilt. Zudem werden mehr Ehen geschieden und dies nach kurzer Ehedauer. Zunehmend entstehen Patchwork-Familien.

I. Motive

Mit Eheverträgen wollen verheiratete Paare, oder solche, die es noch werden oder aber ihre Ehe beenden wollen, ihre Rechtsbeziehungen untereinander regeln. Wird nichts geregelt, greifen die gesetzlichen Vorschriften mit ihren teilweise nicht gewollten oder in dem Einzelfall „unpassenden“ Rechtsfolgen ein.
Die Motive für den Abschluss eines Ehevertrags sind vielfältig:

Vor der Eheschließung entscheiden sich Paare für einen Ehevertrag,

– weil sie beide berufstätig und finanziell eigenständig und unabhängig sind und bleiben, weil keine Kinder geplant sind, und daher keinen Ausgleich bei Scheitern der Ehe benötigen;
– weil einer der Eheleute im fortgeschrittenen Alter ist und dieser durch die gesetzlich vorgesehene Halbteilung der Versorgungsanrechte seine Altersversorgung nicht gefährden will;
– um vorhandenes Betriebsvermögen zu schützen;
– um nicht für riskante Geschäfte oder Schulden des anderen Ehegatten mit haften zu müssen;
– bei sehr unterschiedlichen Vermögensverhältnissen der Ehegatten bei Eingehung der Ehe;
– um bei hohem Eigenvermögen, Erbschaften oder Schenkungen bzw. den Wertsteigerungen hieraus dem Zugriff bei einer Vermögensauseinandersetzung zu entziehen;
– weil Erfahrungen aus einer früheren Scheidung mit einhergehenden finanziellen Belastungen als Ungerechtigkeit empfunden wurden.

Was Eheleuten zum Verhängnis werden kann, ist die Unkenntnis der Gesetzeslage. Ehen werden zumeist aus romantischen Motiven eingegangen, für sachliche Erwägungen bleibt dabei kein Raum. Oft wird auf das blinde Vertrauen in den anderen und darauf, dass alles „gut“ wird, gesetzt. Diese Hoffnung realisiert sich häufig nicht. Heiratswillige Paare sollten sich vor Eingehung der Ehe immer rechtlich beraten lassen, ob sich ihre Vorstellungen und Pläne mit der gesetzlichen Rechtslage decken oder ein modifizierender Vertrag „in Maßarbeit“ geschlossen werden sollte.
Auch während der Ehe kann es Gründe geben, warum Eheleute sich für einen Ehevertrag entscheiden, z.B. wenn sich ein Ehegatte selbständig macht, damit persönlich voll für Geschäftsverbindlichkeiten haftet und das Privatvermögen vor dem Gläubigerzugriff schützen möchte.

Häufig gelingt es, nach Scheitern einer Ehe eine sogenannte Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvereinbarung abzuschließen, die für beide zukünftigen Ex-Ehegatten Rechtssicherheit in Bezug auf alle finanziellen und sonstigen Folgen bringen soll. Es wird ein ausgewogenes Gesamtpaket geschnürt, das die mitunter gegensätzliche Interessenlage beider Parteien angemessen berücksichtigt. Viele gescheiterte Ehepaare wollen sich einen jahrelangen Rosenkrieg ersparen.

II. Grenzen der Vertragsfreiheit

Nicht in allen familienrechtlichen Bereichen besteht volle Vertragsautonomie der Ehegatten. Manche Bereiche sind vertraglich nicht verbindlich regelbar. Z.B. kann sich ein Ehegatte nicht wirksam verpflichten, nach der Scheidung den Familiennamen des Ehepartners wieder „abzugeben“.

Es bestehen auch gesetzliche Formvorschriften, die ein Wirksamkeitserfordernis darstellen. Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt vor der Ehescheidung, zum Versorgungsausgleich oder zum Güterstand müssen wegen ihrer Tragweite durch notarielle Beurkundung oder gerichtlichen Vergleich erfolgen.

Eheverträge unterliegen zudem inhaltlich der gerichtlichen Prüfung in Form der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat in vielen Entscheidungen Prüfungsvorgaben entwickelt, die eine unsachgemäße einseitige Lastenverteilung und Benachteiligung eines Ehegatten verhindern sollen. Unterschiedliche rechtliche Bereiche können dabei unterschiedlich frei vereinbart werden. Der Kernbereich des Familienrechts, der eine existenzsichernde besondere Schutzfunktion hat, ist weniger disponibel als z.B. das Vermögensrecht. Als kritisch bewertete Regelungen können durch die Gerichte „angepasst“ werden. Schlimmsten Falles ist der gesamte Vertrag unwirksam.

Oft bringen scheidungswillige Ehegatten ihren alten Ehevertrag zu der Erstberatung mit, ohne sich im Klaren zu sein, was früher eigentlich vereinbart wurde. Hier ist ein besonderes Augenmerk darauf zu werfen, ob die Regelungen dem entsprechen, was sich die Parteien davon versprochen haben oder ob sich die Lebensverhältnisse ganz anders als ursprünglich geplant entwickelt haben. Was ist z.B. zu tun, wenn ein Kind in die Ehe geboren wurde, was gar nicht geplant war, weshalb im Vertrag auf alle Ausgleichsansprüche und Versorgungsinstrumente wechselseitig verzichtet wurde?

Aus diesen Gründen ist es dringend erforderlich, sich bei der Erstellung einer Urkunde fachkundig beraten zu lassen. Schließlich sollen die Regelungen auch halten.

Unser Anliegen ist es, die Bedeutung von Eheverträgen in fortlaufenden Beiträgen auch anhand von Beispielen aus der Praxis zu verdeutlichen.

Bei Beratungsbedarf stehen wir Ihnen gerne für ein erstes Informationsgespräch zu Ihrer Verfügung.

Alexandra Becker

Alexandra Becker

Mit meiner langjährigen Berufserfahrung biete ich Ihnen entsprechend meiner Spezialisierung eine schnelle, kompetente und umfassende Beratung in allen familienrechtlichen Fragestellungen.