Die Vaterschaftsanfechtung des leiblichen Vaters (Teil 1)

Die Vaterschaft im Rechtssinne stimmt nicht zwangsläufig mit der Vaterschaft im biologischen Sinne überein. Es ergeben sich daher immer wieder Sachverhaltskonstellationen, in denen die Vaterschaft vom rechtlichen Vater auf den leiblichen Vater übertragen werden soll. Dieser Beitrag behandelt ausschließlich die besonders gelagerte Situation der Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft durch den leiblichen Vater.

Stellen Sie sich folgende Situation vor:

Sie sind der leibliche Vater eines kürzlich geborenen Kindes, welches in die Ehe der Kindesmutter mit einem anderen Mann geboren wird. Damit werden nicht Sie, sondern automatisch der Ehemann der Mutter als rechtlicher Vater des Kindes eingetragen. Ihr Wunsch als leiblicher Vater ist es, als Vater im Rechtssinne anerkannt zu werden. Dies hat nicht nur zur Folge, dass Ihnen die Pflichten der (rechtlichen) Vaterschaft, wie zum Beispiel die Unterhaltspflicht, sondern auch die Rechte des Vaters im Rechtssinne zuteilwerden. So ist die Ausübung der rechtlichen Sorge für Sie überhaupt erst dann möglich, wenn Sie rechtlicher Vater des Kindes sind.

Seit dem Jahr 2004 hat der Gesetzgeber dem leiblichen, nicht rechtlich eingetragenen Vater in dieser speziellen Konstellation eine Möglichkeit eröffnet, um sich die Vaterschaft im Rechtssinne eigenständig zu erkämpfen: die Vaterschaftsanfechtung. Diese unterliegt speziellen Voraussetzungen.

Die speziellen Voraussetzungen der Vaterschaftsanfechtung

Der leibliche Vater muss einen Antrag auf Anfechtung der bestehenden rechtlichen Vaterschaft mit dem Ziel der eigenen rechtlichen Vaterschaftseintragung stellen.

Der Antragssteller der Vaterschaftsanfechtung muss dafür leiblicher Vater des Kindes sein.

Zudem muss der Antragssteller an Eides statt versichern, der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Eine Versicherung an Eides statt ist eine besondere Beteuerung, mit welcher der Beteuernde bekräftigt, dass eine bestimmte Erklärung der Wahrheit entspricht.

Darüber hinaus muss der Antragssteller darlegen, dass zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind keine sozial-familiäre Beziehung besteht. Was unter dieser negativ formulierten Anforderung zu verstehen ist, erklärt das Gesetz.

Eine sozial-familiäre Beziehung besteht, wenn der rechtliche Vater zum Zeitpunkt des Antrags für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Es stellt sich die Frage, was die Übernahme tatsächlicher Verantwortung durch den rechtlichen Vater bedeutet. Auch hierfür liefert das Gesetz eine Antwort: Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel dann vor, wenn der rechtliche Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

Regelmäßig wird man eine sozial-familiäre Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind bejahen, weil der rechtliche Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet ist und – in den meisten Fällen – mit dieser auch zusammenlebt. Die Vaterschaftsanfechtung des leiblichen Vaters scheitert daher in den meisten Fällen an dieser Voraussetzung.

Hohe Anforderungen an eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung durch den leiblichen Vater

Grund für diese Voraussetzungen ist die nach dem Grundgesetz in Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Beziehung zwischen rechtlichen Vater und Kind. Ein Dritter – selbst wenn dieser der leibliche Vater ist – soll nicht in die zwischen rechtlichem Vater und Kind gewachsene familiäre Beziehung eindringen dürfen. Das Wohl des Kindes, welches zum rechtlichen Vater ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut hat, steht im Vordergrund.

Eine Alternative zur Vaterschaftsanfechtung

Da die Vaterschaftsanfechtung an dieser Voraussetzung in vielen Fällen scheitert, stellt sich die Frage nach einer Alternative.

Eine Alternative zur Vaterschaftsanfechtung durch den leiblichen Vater besteht grundsätzlich nicht. Nur unter engen zeitlichen Grenzen und hohen Voraussetzungen besteht die Möglichkeit, dass der leibliche Vater bei Geburt des Kindes bereits als rechtlicher Vater eingetragen wird, obwohl die Mutter noch mit einem anderen Mann verheiratet ist.

Dafür muss der leibliche Vater noch während der Schwangerschaft seine Vaterschaft anerkennen. Zudem müssen die Kindesmutter und der Ehemann der Mutter der Vaterschaftsanerkennung zustimmen. Weiter muss bei der Geburt des Kindes der Scheidungsantrag der Kindesmutter und ihres Ehepartners bei Gericht gestellt worden sein. Hieran dürfte es in vielen Fällen fehlen.

Fazit

Für den leiblichen Vater besteht meist ausschließlich die Möglichkeit, die Vaterschaft im Rechtssinne im Wege der Vaterschaftsanfechtung zu erwirken.

Gerne prüfen wir für Sie, ob die Vaterschaftsanfechtung Aussicht auf Erfolg bietet.

Wenn die Vaterschaftsanfechtung des leiblichen Vaters geringe Erfolgsaussichten bietet, besteht darüber hinaus noch die Möglichkeit, dass eine andere anfechtungsberechtigte Person einen Antrag auf Vaterschaftsanfechtung stellt. Diese Variante ist aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen häufig aussichtsreicher.

Welche Personen neben dem leiblichen Vater zur Vaterschaftsanfechtung berechtigt sind und welche Voraussetzungen diese für einen erfolgreichen Antrag erfüllen müssen, wird in einem Folgebeitrag erläutert.

Gerne beraten wir Sie zu den Möglichkeiten der Vaterschaftsanfechtung und den jeweiligen Erfolgsaussichten zugeschnitten auf Ihre individuelle Situation.

Lisa Charlotte Schütt

Lisa Charlotte Schütt

Aufgrund meiner herausragenden juristischen Fähigkeiten vertrete ich Sie mit Sachkunde, hohem Engagement und Leidenschaft für Ihr Anliegen in allen familienrechtlichen Angelegenheiten.