Coronavirus: Auswirkungen im Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich

Aktueller Anlass: Die Auswirkungen des Corona-Virus auf die Wirtschaft und Vermögen

Niemand reist mehr, Fluglinien halten ihre Flugzeuge am Boden, Automobilhersteller stoppen die Produktion, alle Veranstaltungen wurden abgesagt, die Nachfrage in China ist eingebrochen und Handel und Dienstleistungen sind nicht nur in Deutschland massiv eingeschränkt. Es herrscht eine allgemeine Verunsicherung über das zeitliche und ökonomische Ausmaß der Krise.

Seit sich das Corona-Virus weltweit ausbreitet, ist es an den Börsen zu größeren Kursverlusten gekommen. Der deutsche Aktienindex Dax hat seit Februar 2020 zeitweise mehr als 30 % verloren.

Im Zugewinnausgleich und auch im Versorgungsausgleich werden Vermögenswerte bewertet und in die Ausgleichsbilanz einbezogen. In beiden Fällen wird eine stichtagsbezogene Bewertung vorgenommen, die auf den Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags abstellt. Liegt der Stichtag vor Beginn der Pandemie, etwa im Dezember 2019 oder noch Mitte Februar 2020, können sich bei der Bewertung z.B. von Unternehmen und Aktienfonds im Zugewinnausgleich oder für fondsorientierte Anrechte im Versorgungsausgleich gänzlich andere, nämlich viel höhere Werte ergeben, als bei einem Stichtag nach Ausweitung der Pandemie im März oder April 2020.

Hier sind zufallsabhängige und im Ergebnis massiv abweichende Ergebnisse bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs und des Versorgungsausgleichs vorprogrammiert. Denn wertbegründende Ereignisse, die ihre Ursache in dem nach dem Bewertungsstichtag liegenden Zeitraum haben, dürfen aufgrund des Stichtagsprinzips bei der Bewertung grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Diese gefestigte Rechtsprechung im Familienrecht korrespondiert mit den Vorgaben für handelsrechtliche Jahres- und Konzernabschlüsse (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB), wo ähnliche Probleme auftreten werden.

Der im Zugewinn Ausgleichspflichtige, der aktuell massive Verluste seines Aktien- und Fondsvermögens zu erleiden hat, muss dennoch auf der Grundlage der früheren höheren Vermögenswerte ausgleichen, nur weil der Scheidungsantrag in der Zeit vor den pandemiebedingten Kursverlusten zugestellt wurde. Gleiches gilt für den Unternehmer, dessen neu aufgetretenes oder erhöhtes unternehmerisches Risiko Anlass für eine – zumindest zeitweise – niedrigere Bewertung seines Unternehmens gibt. Andererseits erhält der ausgleichsberechtigte Ehegatte mitunter nur einen geringen Wertausgleich, wenn die Kurswerte am Stichtag eingebrochen waren, auch wenn diese sich später wieder erholen.

Genauso müssen die Versorgungsträger im Versorgungsausgleich fondbasierende Anrechte stichtagsgenau bewerten und aus ihrem Vermögen intern oder extern ausgleichen. Einige Versorgungsträger sind wegen der Bewertungsunsicherheiten und den weiter zu befürchtenden Kursverlusten nun dazu übergegangen, die Gerichte um Aussetzung oder Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens zu bitten.

Eine Entscheidung der Gerichte, wie mit diesen Bewertungsproblemen umzugehen ist, bleibt mit Spannung abzuwarten. Es ist zuvor Aufgabe des im Familienrecht tätigen Rechtsanwalts, für seine Partei mit Blick auf die Auswirkungen der Pandemie günstig vorzutragen, um Nachteile zu vermeiden.

Alexandra Becker

Alexandra Becker

Mit meiner langjährigen Berufserfahrung biete ich Ihnen entsprechend meiner Spezialisierung eine schnelle, kompetente und umfassende Beratung in allen familienrechtlichen Fragestellungen.