Fragen und Antworten zum Coronavirus

1. Die Kita schließt

Eltern, deren Kinder keine Betreuung erhalten, weil Schulen und Kitas wegen des Coronavirus geschlossen sind, sollen gegen übermäßige Einkommenseinbußen abgesichert werden. Durch die Anpassung des Infektionsschutzgesetzes können Eltern bis zu sechs Wochen 67 % ihres Verdienstausfalls, aber maximal 2.016,00 € Entschädigung erhalten.

Voraussetzung ist, dass die erwerbstätigen Eltern Kinder unter 12 Jahre betreuen, deren Betreuung nicht anderweitig sichergestellt werden kann (Großeltern zählen hierzu nicht) und das Überstundenguthaben sowie Urlaubsansprüche ausgeschöpft sind.

Die Entschädigungsregelung soll bis zum Ende 2020 gelten. Die Auszahlung der Gelder soll über den Arbeitgeber erfolgen, der die Leistungen bei der zuständigen Landesbehörde beantragen muss.

Keinen Anspruch auf Entschädigung sollen Erwerbstätige haben, die Kurzarbeitergeld bekommen oder bei denen andere Möglichkeiten bestehen von ihrer Tätigkeit vorübergehend bezahlt fernzubleiben, zB durch den Abbau von Zeitguthaben.

2.  Müssen Eltern trotz Schließung von Kitas, Tagespflege und Nachmittagsbetreuung für die Kosten aufkommen?

Die Kindertagesbetreuung und ihre Finanzierung werden durch das Landesrecht und kommunale Satzungen geregelt. In einigen Bundesländern besteht mittlerweile keine Elternbeitragspflicht (§ 90 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII). Einige Kommunen haben bereits auf ihren Internetseiten veröffentlicht, dass die Elternbeiträge erlassen bzw. bereits gezahlte erstattet werden ab Schließung, teilweise ab April 2020.

Grundsätzlich sollten bei Betretungsverbot der Einrichtung Elternbeiträge zurückerstattet werden.

3. Notfall-Kindergeldzuschlag

Familien mit kleinen Einkommen können ab sofort einen monatlichen Kindergeldzuschlag von bis zu 185,00 € pro Kind erhalten.

Wer einen Kindergeldzuschlag erhält, ist automatisch von den Kita-Gebühren befreit und kann zusätzliche Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragen. Von der Zahlung des Kinderzuschlages können Familien profitieren, die kurzfristig Verdienstausfälle hinnehmen müssen.

Ab April können die Anträge online bei der zuständigen Bundesagentur für Arbeit gestellt werden.

4. Vereinfachter Zugang zur Grundsicherung

Der Bezug von Grundsicherungsleistungen wird vereinfacht. Bürger und Bürgerinnen, die zwischen dem 01.03.2020 und 30.06.2020 einen Antrag auf Leistungen zur Grundsicherung stellen und erklären, dass sie über kein erhebliches Vermögen verfügen, können Leistungen beziehen. Die Kosten der Unterkunft und Heizung werden in den ersten sechs Monaten ab Leistungsbezug in tatsächlicher Höhe anerkannt auch wenn die Kosten aufgrund von Wohnungsgröße oder anderen Faktoren nicht angemessen sind.

5. Bezug von Kinderkrankengeld

Ist das Kind erkrankt, kann Kinderkrankengeld bezogen werden, für jedes Kind bis zu 10 Arbeitstagen, bei Alleinerziehenden bis zu 20 Arbeitstagen im Jahr. Es besteht ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit gegen den Arbeitgeber. Der Anspruch ist bei der Krankenversicherung zu stellen.

6. Unterhaltsrecht

Müssen sich Unterhaltspflichtige trotz des Coronavirus um eine Arbeit bemühen oder kann derzeit davon abgesehen werden ?

Da nicht bekannt ist, wie lange die Krise anhalten wird, muss auch hier erst einige Monate abgewartet werden, um eine Neuberechnung der Unterhaltsverpflichtung auf Basis von Arbeitslosengeld I vorzunehmen.

Beim Vorliegen chronischer Grunderkrankungen kann derzeit aufgrund der Ausbreitung des Virus die Zumutbarkeit verneint werden. Ob Unterhaltspflichtige zur Arbeitssuche und zu einer Arbeitsaufnahme aufzufordern sind, richtet sich nach dem konkreten Einzelfall.

Derzeit erscheint aufgrund der Beeinträchtigungen des gesamten öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens eine Reduzierung der Unterhaltsverpflichtung von bis zu drei Monaten realistisch. Es wird erwartet, dass die Bundesregierung und der Bundestag erweiterte aufstockende SGB II-Leistungen und zusätzlich Zuschüsse und Kreditprogramme auf den Weg bringen werden.

Gleichwohl kann nicht daraus gefolgert werden, dass Unterhaltsverpflichtete, die seit dem 18.3.2020 nur noch über geringeres oder kein Einkommen verfügen, gar keinen Unterhalt mehr zu zahlen haben. Hier gilt, dass der künftig geschuldete Unterhalt aufgrund einer Einkommensprognose festzustellen ist.

Ist ein Unterhaltsverpflichteter selbständig, werden Unterhaltsfestsetzungen aufgrund des erzielten Einkommens der letzten drei Jahre errechnet. Somit werden Schwankungen aus konjunkturellen Gründen ausgeglichen.

Selbständige haben die Möglichkeit, durch die aktuellen Hilfsprogramme Leistungen bei den Arbeitsämtern zu beziehen. Vorrangig ist zu prüfen, welche Beträge derzeit noch von dem Unterhaltsverpflichteten gezahlt werden, und in welcher Höhe eine Unterhaltsverpflichtung gestundet werden kann.

Hier ist es Aufgabe des Unterhaltsverpflichteten, tätig zu werden und sich mit den Jugendämtern in Verbindung zu setzen, um eine Stundung des Unterhalts zu erwirken.

7. Muss ich Unterhalt zahlen, wenn der Gewerbebetrieb geschlossen wird?

Sind die Gewerbetreibenden von den flächendeckenden Ausgangssperren betroffen und müssen ihre Betriebe schließen, ist der geschuldete Unterhalt zunächst zu stunden und bei näherer Erkenntnis über die aktuellen finanziellen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten, beispielsweise auch durch die Beantragung von Unterstützungszahlungen der öffentlichen Hand, neu zu berechnen.

Wird die Selbständigkeit virusbedingt aufgegeben, muss dies sofort berücksichtigt werden. Die Unterhaltsverpflichteten müssen von sich aus an den Unterhaltsberechtigten/das Jugendamt/Unterhaltsvorschussstelle herantreten.

8. Wie wirkt sich der Bezug von Kurzarbeitergeld auf meine Unterhaltspflicht aus?

Die Bundesregierung geht aufgrund der Corona-Auswirkungen davon aus, dass kurzfristig 2,35 Mio. Menschen in Kurzarbeit fallen. Es werden dann 60 % des ausgefallenen Lohns für Beschäftigte gezahlt. Haben sie Kinder, werden 67 % ausgezahlt. In einigen Unternehmen und Branchen wird das Kurzarbeitergeld auf 100 % aufgestockt.

Unterhaltsverpflichtete müssen darlegen, ob sie über zusätzliche tarifliche oder soziale Leistungen verfügen. Auch hier gilt, dass der Schuldner von sich aus mitteilen muß, dass er aufgrund der ersten drei Monate der Kurzarbeit nicht den bisherigen Unterhalt zahlen kann. Ab dem vierten Monat sollte für die Zukunft ein widerruflicher Vollstreckungsverzicht erklärt werden, damit nicht vollstreckt wird.

Es besteht von Seiten des Unterhaltsverpflichteten die Obliegenheit, den Gläubiger unverzüglich darüber zu informieren, wenn die Kurzarbeit beendet ist oder aber das Gehalt in der bisherigen Höhe ausgezahlt wird.

Sofern ein Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, muss der Unterhaltsverpflichtete prüfen, ob er Kündigungsschutz bekommt.

Ist die Kündigung nicht zu verhindern, müssen im Kündigungsschutzprozess Abfindungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden.

Da nicht klar ist, wie lange die wirtschaftliche Entwicklung gebremst ist, erscheint es hier angemessen, eine Einkommensverminderung wie bei dem Bezug von Kurzarbeitergeld zu beurteilen. Hierzu gilt, dass für die ersten drei Monate grundsätzlich allenfalls eine widerrufliche Herabsetzung auf den Mindestunterhalt, bei längerer Arbeitslosigkeit eine Anpassung an die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse zu erfolgen hat.

Es gilt auch zu beachten, dass derjenige, der Arbeitslosengeld I bezieht, grundsätzlich bis zu 15 Stunden monatlich nebenbei arbeiten und ein Nebeneinkommen erzielen kann. Jede Nebenbeschäftigung ist bei der Agentur für Arbeit anzumelden, sie ist jedoch in Höhe von 165,00 € entsprechend § 155 Abs. 1 SGB III anrechnungsfrei.

9. Welcher unterhaltsrechtliche Selbstbehalt steht mir zu, wenn ich durch das Coronavirus arbeitslos werde?

Sollte jemand Arbeitslosengeld beziehen, dürfte es angemessen sein, den Selbstbehalt entsprechend auf den eines Nichterwerbstätigen herabzusetzen. Dieser beträgt derzeit nach der aktuellen Düsseldorfer Tabelle 2020 gegenüber minderjährigen Kindern 960,00 €.

10. Ausfall des Umganges in der Corona-Krise

Die Erkrankung des Kindes mit dem Corona-Virus stellt kein Grund da, den Umgang mit dem Umgangsberechtigten ausfallen zu lassen. Auch dieser kann sich um das erkrankte Kind kümmern.

Etwas anderes gilt, wenn das Kind nicht transportfähig ist und dies ggf. auch durch ärztliches Attestes belegt wurde.

Der betreuende Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, kann den Umgang ausfallen lassen, um nicht den anderen Elternteil zu infizieren. Hiervon zu unterscheiden sind die nicht medizinisch begründeten freiwilligen Quarantäne-Maßnahmen von Elternteilen, die so bewusst den Umgang zum anderen Elternteil vereiteln wollen.

11. Ausweitung des Umganges zur Sicherstellung der Kinderbetreuung

Durch die Schliessung der Schulen und Kindertagesstätte sollten die Eltern versuchen, einvernehmliche Lösungen zur Abdeckung der Betreuungssituation der Kinder zu erzielen.

Ist dies nicht möglich, können im Wege der einstweiligen Anordnung gerichtliche Umgangsregelungen erwirkt werden.

12. Können begleitete Umgänge weiter durchgeführt werden?

Grundsätzlich besteht das Umgangsrecht fort. Allerdings kann es zu vorübergehenden Einschränkungen oder Aussetzung des Umgangs, etwa durch Personalausfälle beim Jugendamt, bei einem freien Träger oder bei Erkrankungen oder Verdachtsfällen in den Familien, kommen. Jugendamt und freie Träger müssen sich darum bemühen, den Umgang so schnell wie möglich zu ermöglichen.

Dem freien Träger kann jedoch ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen, wenn die Leistungserbringung unzumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn der Gesundheitsschutz nicht hinreichend gewährleistet wird.

13. Durchführung ambulanter Hilfen?

Bei Leistungen im häuslichen Umfeld ist auf die Einhaltung der Hygiene und Abstandsregeln zu achten. Lassen die Umstände im Einzelfall dies nicht hinreichend zu, müssen Alternativen, beispielsweise Treffen im Freien, in Erwägung gezogen werden. Die Anordnungen des Gesundheitsamts sind zu beachten. Eine Unterbrechung der Hilfen im häuslichen Umfeld kann daher angezeigt werden, wenn ein Familienmitglied erkrankt ist oder Verdachtsfälle in der Familie bestehen.

14. Müssen Kinder, die stationär untergebracht werden, zu ihren Eltern kurzfristig zurückgeführt werden?

Muss eine Einrichtung aufgrund von Quarantäne oder Erkrankungen in Verdachtsfällen schließen, kommt eine Rückführung der Kinder zu ihren Eltern in dieser Situation nicht in Betracht. Vorzugsweise sollte versucht werden, durch Ersatzpersonal einen Verbleib in der bisherigen Einrichtung zu ermöglichen.

Ist dies nicht machbar, kommt eine vorübergehende Rückführung zu den Eltern bei Gewährung ggf. ambulanter Hilfen in Betracht, bis das Personal wieder gesund oder aus der Quarantäne entlassen ist.

Ist die Hilfe jedoch zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung erforderlich, muss sie mit allen Mitteln fortgesetzt und ggf. erweitert werden.

Nach § 76 Abs. 1 SGB VIII dürfen anerkannte Träger der freien Jugendhilfe an den Aufgaben der Inobhutnahme des Jugendamtes nach § 42 SGB VIII beteiligt werden. Die Betreuung des Kindes in der Inobhutseinrichtung kann übernommen werden. Freie Träger und Jugendamt können gemeinsame Notdienste organisieren. Nach Möglichkeit soll die Zustimmung der Eltern und des einwilligungsfähigen Jugendlichen für einen Datenaustausch zwischen Jugendamt und freien Trägern bezogen auf die Aufgaben im Rahmen des Notdienstes eingeholt werden.

Die Weitergabe von Informationen durch den freien Träger an das Jugendamt zur Abwendung von Gefährdungssituationen für das Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen ist nach § 8 a Abs. 4 SGB VIII i.V.m. § 4 Abs. 3 KKG zulässig.

Jutta Wilkening

Jutta Wilkening

Dank meiner Doppelqualifikation im Familien- und Sozialrecht berate ich Sie umfassend bei Ihren Problemen aus diesen beiden Rechtsgebieten.