Muss der Mann ausziehen?

Elli S. aus H. fragt: Unsere Ehe ist schon lange ohne Liebe. Neu ist, dass wir uns immer öfter laut streiten, meistens ums Geld und häufig wegen der Kinder. Unser Sohn macht im nächsten Jahr Abitur, er will nur seine Ruhe haben und auf keinen Fall ausziehen. Unsere 14-jährige Tochter ist in der Pubertät, wird immer frecher, schreit uns an und will einfach weg. Ich bin nervlich am Ende. Bei meiner Arbeit – halbtags – mache ich Fehler und bin oft krank. Am besten wäre es, mein Mann zöge aus, aber das lehnt er strikt ab. Kann ich das verlangen, auch, wenn ihm das Haus allein gehört?

Die HAZ-Familienexpertin Margarete Fabricius-Brand, Fachanwältin für Familienrecht und Diplom-Psychologin, antwortet:

Grundsätzlich darf Ihr Mann als Eigentümer allein bestimmen, wer in seinem Haus wohnt. Dies gilt aber nicht schrankenlos: Wenn Sie sich von ihm trennen wollen und dies im Haus nicht möglich ist, können Sie bei Gericht beantragen, dass Ihnen die Wohnung zur alleinigen Nutzung zugeteilt wird. Das Gericht wird dem Antrag dann entsprechen, wenn anders eine „unbillige Härte“ nicht vermieden werden kann. Was ist darunter zu verstehen? Im Gesetz finden wir keine Definition. In jedem Einzelfall muss geprüft werden, ob Tatsachen vorliegen, die eine nicht länger hinnehmbare Härte darstellen. Bei körperlicher Gewalt ist dies eindeutig, anders bei psychischer Gewalt wie beleidigen und anschreien. Hier kommt es auf Dauer und Intensität sowie die Auswirkungen beim Partner an.

Die anhaltenden Streitigkeiten beeinträchtigen schon Ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Derartige Konflikte soll das Familiengericht durch Zuweisung der Wohnung an einen Ehepartner entschärfen. Dies gilt vornehmlich, wenn Kinder betroffen sind. Ihr Wohl ist bereits dann beeinträchtigt, wenn sie zu Hause nicht spannungsfrei leben können. Ihre Kinder sind erkennbar belastet: Der Sohn zieht sich zurück, die Tochter schreit ihren Unmut heraus. Dies verlangt nach einer räumlichen Trennung der Eltern. Aber wer muss gehen? Auf das Wohl der Kinder kommt es an. Sie sollen möglichst in ihrer vertrauten Umgebung bleiben, vor allem dann, wenn sie Ruhe brauchen, etwa um sich aufs Abitur vorzubereiten. Ein Umzug könnte die rebellische Tochter noch mehr verstören. Sie braucht Zuwendung, die zankende Eltern ihr nicht geben können. Vermutlich könnten Sie sich aufgrund Ihrer Halbtagstätigkeit mehr um die Kinder kümmern. Dies spricht dafür, dass Mutter und Kinder im Haus bleiben dürfen. Auch ist es für eine Person einfacher, eine Wohnung zu finden. Ihr Mann müsste den Eingriff in sein Eigentumsrecht dulden, aber beschränkt auf die Zeit der Trennung.

Margarete Fabricius-Brand

Margarete Fabricius-Brand

Als Fachanwältin für Familienrecht mit langjähriger Praxiserfahrung und Diplom-Psychologin verfüge ich über Spezialkenntnisse, die mich befähigen, Ihre familienrechtlichen Probleme zu lösen.